Seit 2019 bieten wir zertifizierte Agile Coach Lehrgänge mit dem TÜV AUSTRIA an. Seitdem haben über 100 Frauen und Männer diese Ausbildung gemacht. Dabei ist uns wichtig auch auf Stolpersteine und Fehler von Agile Coaches hinzuweisen. Darüber möchte ich mit dir in diesem Blogbeitrag sprechen.

5 Dinge, die du als Agile Coach auf keinen Fall tun solltest

Agile Coaches werden derzeit in zahlreichen Unternehmen gesucht – vom kleinen Softwareunternehmen bis zum großen Automobilbauer – sie alle haben die Vorteile von agilen Methoden erkannt.

Auf LinkedIn sind aktuell 4.188 offene Positionen als Agile Coach für Deutschland, Österreich und die Schweiz gelistet (Stand 9.8.21)

Immerhin 87 offene Stellen sind auf der österr. Karriereplattform karriere.at gelistet.

Auch das AMS Österreich hat erkannt, wie wichtig diese Qualifikation ist und fördert daher unsere Ausbildung mit bis zu 100%. Auch andere Förderstellen wie das waff oder die SFG fördern die Ausbildung.

Ich selbst begleite Unternehmen immer wieder als Agile Coach. Von der Bank, über Versicherungen bis hin zu Industriebetrieben. Dabei sind mir 5 Dinge besonders wichtig, die Agile Coaches auf keinen Fall tun sollten.

1 Agile Coaches sollten auf keinen Fall missionieren

Agile Coaches sind meist begeistert vom Thema agil. Sie lernen was Agilität ist und wie Agilität funktionieren kann und soll. Schnell sind sie dann jedoch versucht alles aus einem Kurs umzusetzen – und dann am besten noch von heute auf morgen. Sie predigen wie wichtig Agilität ist und das ein Unternehmen kaum mehr ohne Agilität überleben kann. Dann erklären sie im Detail, wie das zu funktionieren hat. Und jede kleinste Abweichung vom SOLL wird mit einem „Das ist aber nicht agil“ abgetan.

Doch erstens: Wer kann sagen, was AGIL wirklich ist? Wer hat auch das recht zu unterscheiden: Das ist agil und das nicht? Und heißt agil sein nicht auch anpassungsfähig und wendefähig zu sein? Und sagt das agile Manifest nicht auch „Menschen und Interaktion“ mehr als „Prozesse und Werkzeuge“?

Daher solltest du zukünftig als Agile Coach darauf achten:

Du bist begeistert von AGIL? Das ist gut, aber achte auf dein Gegenüber. Überhäufe dein Gegenüber nicht mit Zahlen, Daten, Fakten, wenn sie nichts davon hören wollen. Begeistere sie vielmehr mit konkreten Geschichten und Erlebnissen. Es geht vielmehr um das WAS möglich ist. Das WIE kommt erst viel später.

2 Agil inflationär verwenden

Alles agil oder was? Agiles Marketing, Agiles Innovationsmanagement, agile Kennzahlensysteme, agile Buchhaltung….

Der Projektmanager wird einfach zum Product Owner oder zum Scrum Master oder Agile Coach. Die wöchentlichen Jour Fixes werden zu Reviews und dann machen wir halt noch schnell Dailys. Und statt einem Projektplan gibt es dann noch ein agiles Board auf Jira, Trello oder Tasks.

Und schon sind wir agil.

Daher mein Tipp an dich:

Achte darauf, dass agil in deinem Unternehmen nicht für alles verwendet wird. Kläre was Agilität bedeutet. Findet ein einheitliches Verständnis für Agilität.

3 Agil als Wundermittel für jedes Problem zu sehen.

Maschinenbauer XY hat ein Problem neue Mitarbeiter*innen zu finden. Also macht man mal auf AGILE – in der Hoffnung damit moderner und attraktiver bei potentiellen Mitarbeiter*innen anzukommen.

Das Unternehmen jedoch hat andere Probleme. Der Chef führt gemäß Command and Control. Junge Mitarbeiter*innen werden nicht ernst genommen. Ist da schnell mal „AGILE machen“ die Lösung?

Industriebetrieb ABC verliert hundertausende Euro, weil die Umsetzung der neuen Maschinen einfach zu lange dauert. Der Kunde fordert ständig Änderungen und die Mitarbeiter sind frustriert. Eine Analyse zeigt, dass bereits in der Projektakquise Fehler in der Abwicklung entstehen. Der Vertrieb bietet die Anlagen an, ohne Rücksprache mit den wahren Experten im Betrieb. So stimmen Angebot und Machbarkeit nicht überein. Ist da AGILE das Wundermittel?

Mein Tipp an dich:

Agil ist nicht für alles ein Wundermittel. Es löst nicht alle Probleme in einem Unternehmen. Agilität ist EINE Möglichkeit das Unternehmen in die Zukunft zu führen, aber es gibt auch noch weitere Möglichkeiten. Bleib daher offen für zusätzliche Wege.

4 Ein Modell unreflektiert übernehmen

Kürzlich war ich shoppen. Ich brauchte einen Rock für eine Hochzeit, zu der ich im August eingeladen wurde. Der Rock sollte zu meinem Trachtengilet passen. Also klapperte ich mehrere Läden ab.

Doch nirgends fand ich einen Rock in der richtigen Farbe. Erst im gefühlt 20. Laden ist es soweit. Da hängt der Rock. Genau die Farbe, die ich suchte – ein eisblau. Also ab zur Verkäuferin: Haben Sie den auch in meiner Größe?

Nein, das ist ein One Size Rock. Der passt jeder.

Ich war skeptisch, aber schlüpfte rein. Der Rock hatte einen Gummizug – gut, der dehnt sich – und gleichzeitig Schnallen zum enger ziehen.

Die schnallen hab ich angezogen und dann ist der Rock ganz eigenartig und unförmig weggestanden. Okay, ich möchte die Frau sehen, der dieser Rock passt.

Warum ich dir das erzähle?

Jeder, der sich schon mal in ein Kleidungsstück der Größe ONE SIZE gezwängt hat, kennt es wohl.

Dem einen ist es zu groß, dem anderen zu klein. Während das Kleid bei einer Größe 34 wie ein Kartoffelsack runterhängt, sieht eine Größe 46 wie eine abgeschnürte Knackwurst aus.

Genau so ist es mit Modellen, die ich einem Unternehmen überstülpen möchte. Es gibt kein Spotify Modell, dass ich einfach mal so übernehme kann, um agiler zu werden.

Es gibt kein Google-Modell, dass ich nehmen kann, um innovativer zu werden.

Sollten wir dann nicht damit aufhören ein ONE SIZE fits it all anzuwenden?

Mein Tipp an dich:

Nicht jedes Modell macht für jedes Unternehmen bzw. Team Sinn. Schließlich heißt es nicht umsonst im agilen Manifest: Menschen & Interaktionen vor Prozesse und Werkzeuge. Überlegt daher genau welches Modell für euch Sinn macht und wie ihr es adaptieren könnt.

5 Einen zwei Tageskurs besuchen und sich dann Agile Coach nennen

Ich erlebe häufig, dass Projektleiter auf eine Scrum Schulung geschickt werden und dann den Titel Agile Coach verliehen bekommen.

Doch Agile Coach wird man nicht über Nacht. Agile Coaches haben viele Verantwortungen und Aufgabengebiete.

Ein Agile Coach

  • Räumt Hindernisse aus dem Weg
  • Moderiert Meetings
  • Löst Konflikte
  • Begleitet Veränderungsprozesse
  • Beginnt mit der Veränderung bei sich selbst
  • Hört aktiv zu
  • Stellt viele Fragen
  • Gibt keine Lösungen vor
  • Versteht sich als Dienstleister am Team
  • Vertritt Werte wie Kooperationsbereitschaft, Mut, Offenheit, Transparenz und Respekt

Das erfordert zahlreiche Kompetenzen, wie in dieser Grafik dargestellt.

Und nein, Agile Coach wird man daher nicht einfach über Nacht. Dazu braucht ein Agile Coach zu viele Kompetenzen – Methodenkompetenz, Kommunikationskompetenz, Moderationskompetenz, Lösungsorientierung, Kreativität, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit… Du siehst schon, das lässt sich nicht über Nacht entwickeln.

Mein Tipp an dich:

  1. Suche dir eine Ausbildung zum Agile Coach, die über mehrere Wochen geht und verschiedene Kompetenzen abdeckt.
  2. Achte dabei auch auf Praxisrelevanz.

Eine Möglichkeit findest du bei uns: Wir starten am 7.9. mit der neuen Agile Coach Ausbildung – inklusive ISO 17024 Zertifizierung durch den TÜV AUSTRIA.

Wie gehe ich mit Widerständen um? Wie kann ich diese abbauen? Wie kann ich diese vermeiden? Was, wenn jemand absolut gegen die Veränderung ist? 

Stellst du dir diese Fragen auch gerade? Über 100 Menschen haben bei dem letzten kostenlosen Minikurs „Widerstände im Change erfolgreich abbauen“ teilgenommen. Am 27.9. starten wir wieder mit diesem 5-Tage-Kurs. Wenn du Veränderung im Unternehmen initiieren und Widerstände von Beginn an abbauen und vorwegnehmen möchtest, dann sei auf jeden Fall dabei.

Hier geht es zur Anmeldung